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Südafrika per Rad

1.393 km Radreise - als Ende einer Weltreise mit dem Fahrrad - von der Grenze zu Namibia nach Süden über Springbok und Strandfontein an der Küste, ins Inland in die Cederberg Mountains und nach Sanddrif zum Wolfberg Arch und über mehrere Pässe zum südlichsten Punkt des Kontinents nach Cape Aghulas, über Hermanus, Gordon´s Bay und False Bay zum Kap der Guten Hoffnung, über Simon´s Town zum Tafelberg und nach Kapstadt.


Reiseroute

Daten

29.11. - 20.12.2007 / 22 Tage

1.393 km

12.826 Höhenmeter

Höchster geradelter Punkt: 1.026 m

Reisebericht

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Fotogalerie


Bericht

Südafrika Westküste

Ich überquerte den Orange River und reiste damit zum 42. Mal auf dieser Reise in ein Land ein. Spätestens von hier an konnte man den nach Süden hin immer stärker werdenden Südostwind spüren, der mir von nun an zu einem nahezu konstant in mein Gesicht blasenden Begleiter werden sollte. Nach zweieinhalb Tagen Antretens gegen den Gegenwind bog ich auf eine Schotterpiste Richtung Küste ab, was das Windproblem nicht wirklich beseitigte. Ich fuhr nach Strandfontein, das mit Wochenendcampern, hauptsächlich aus Kapstadt, geradezu überlaufen war. Auf übler Piste gings weiter an der Küste entlang nach Lamberts Bay, bevor ich wieder ins Inland zum Clanwilliam Damm fuhr.

 

Noch ein Tag Pause, bevor es mit Asphalt dann erst einmal wieder für einige Tage vorbei sein sollte. Ich fuhr in die Cederberg Mountains, berühmt für ihre spektakulären Sandsteinformationen und bekannt als erstklassiges Wander- und Klettergebiet. Anstrengend ging es in sengender Sonne und auf übler Piste teilweise ziemlich steil bergauf. Über den Uitkyk-Pass fuhr ich dann nach Sanddrif, Ausgangscamp für die berühmten Wolfberg Cracks und den Wolfberg Arch.

 

Am nächsten Morgen startete ich dann bepackt mit Rucksack und Tagesverpflegung zu Fuß den Aufstieg zu den Cracks, einigen gewaltigen Rissen in dem den Campingplatz überblickenden ohnehin schon imposanten Sandstein-Tafelberg. Es gab einen "einfachen" und einen "schwierigen" Weg. Letzterer war mit einiger überraschenderweise gar nicht mal so einfachen Kletterei verbunden und führte durch teilweise sehr enge Spaltrisse, unter gewaltigen Felsbrücken hindurch und erforderte insbesondere an seinem Ende vor allem mit Rucksack etwas ausgeklügelte Kletterei. Daher wurde eingehend davon abgeraten, diesen Weg zu wählen, wenn man allein unterwegs war. Man kann sich denken, welchen Weg ich wählte. Ich konnte ja nichts dafür, dass niemand da war, mit dem ich hätte gehen können... Ich schaffte es dann auch bis hinauf auf das Plateau und wanderte durch beeindruckende Sandsteinformation zum Wolfberg Arch, einem riesigen und markanten Felsbogen weiter nördlich, bevor ich den Rest des Tages damit verbrachte, in den faszinierenden Felsformationen herumzuklettern und später durch den breiteren Riss wieder abzusteigen.

Kap Aghulas & Kap der Guten Hoffnung

Über holprige Pisten gings am nächsten Tag dann weiter nach Süden über den Grootrivier Pass und den Blinkberg Pass und dann über einige andere Pässe hinunter und zurück in bewohnte Gebiete. Damit hatte mich dann auch der Gegenwind wieder fest in seinem Griff. Im Schneckentempo stemmte ich mich gegen orkanartigen Wind, der das Fahren auf den engen Landstraßen zu allem anderen als einer Freude machte. Trotzdem hatte ich mir vorgenommen, so weit nach Süden zu fahren, wie man auf diesem Kontinent fahren konnte. Ich hatte in einem Ort kurz vor dem Kap übernachtet, so dass ich am nächsten Morgen ganz alleine war, als ich über einige Felsen holperte, die von sich behaupten konnten, die südlichsten auf dem afrikanischen Kontinent zu sein. Ich hatte das Cape Aghulas erreicht, den südlichsten Punkt Afrikas, den Punkt, an dem sich der Indische und der Atlantische Ozean trafen. Irgendwie war ich froh, dass weit und breit niemand zu sehen war. Irgendwie war es einfach nur eine felsige Küste, an der sich die Wellen brachen, wie an jedem anderen Stück Küste in der Nähe. Aber irgendwie war es ein ganz besonderer, magischer Ort, denn ich war angekommen! Es war das Ende der langen Fahrt durch Afrika und es war das Ende der langen Fahrt um die Erde. Ich schaute einige Zeit aufs Wasser hinaus, dann war meine Reise in meinem Kopf vorbei.

 

Ich fuhr nach Westen, es trennten mich noch knapp 400 km vom Kap der Guten Hoffnung und von Kapstadt. Ich hielt mich so nah an der Küste wie möglich und legte in Hermanus noch einen letzten Tag Pause ein. Von diesem Ort behauptete man, dass es der weltbeste Platz sei, um Wale von der Küste aus zu beobachten. Die Saison war seit gut einer Woche vorüber, aber erst am Tag zuvor waren wohl noch Wale gesichtet worden. Ich wanderte stundenlang auf den Klippen der Walker Bay entlang, mit meinen Augen unentwegt das Wasser nach diesen so faszinierenden Geschöpfen absuchend. Wale sollte ich an diesem Tage keine sehen, aber die Zeit auf den Klippen tat mir dennoch gut, es war wie ein letztes Mal Luft holen vor dem tatsächlichen Ankommen.

 

Am nächsten Tag fuhr ich weiter nach Gordons Bay, wo ich überraschend Anna und Anna aus Deutschland wiedertraf, die ich an den Sossusvlei Dünen in Namibia einige Wochen zuvor zum ersten Mal getroffen hatte. Die beiden leisteten hier in Sir Lowry´s Township ein freiwilliges soziales Jahr in einem Kindergarten und einer Art Suppenküche. Und die wollte ich mir dann natürlich auch anschauen und so fuhren wir zu Fila´s einfachem kleinen Haus, in dem die Frau ihr Leben den Kindern dieses Townships verschrieben hatte. Es war ein schöner Ort, zu dem die Kinder in Scharen zum Spielen, Singen und einmal am Tag eben auch zu einer kleinen kostenlosen Mahlzeit kamen. Abends machten wir "Braai", Grillen auf Afrikaans, auf der Terrasse in der WG der beiden, bevor ich mich am nächsten Morgen wieder auf den Weg machte.

 

Wer von hier ans Kap der Guten Hoffnung wollte, dem blieb nichts anderes übrig, als weiter an der Küste der False Bay zu bleiben und damit unweigerlich auch an den südlichen townships Kapstadts entlang zu fahren. Vor denen hatte man mich gewarnt, aber wie so oft entpuppte sich die ganze Aufregung als völlig übertrieben und selbstverständlich passierte ich die etwa 20 km lange Strecke völlig ohne Probleme. Mehr und mehr drehte sich die Küstenstraße nach Süden, sie verließ die letzten Städte und Ortschaften, es begann etwas zu regnen und ich bog zum allerletzten Mal nach Süden ab, auf die Straße zum Kap der Guten Hoffnung.

 

Das war allerdings im Gegensatz zum Cape Aghulas von Touristen völlig überlaufen, mit riesigem Parkplatz und einfach viel zu viel Trubel. Daher fuhr ich denn dann auch, obwohl der Regen inzwischen aufgehört hatte, nur kurz für ein paar Fotos hinunter zum Kap der Guten Hoffnung, dem südwestlichsten Punkt Afrikas, und machte mich dann schnell wieder auf den Weg nach Norden.

 

Ich übernachtete in Simon´s Town, so dass ich Gelegenheit hatte, die einzige Landkolonie des Afrikanischen Pinguins zu besuchen. Erst vor einigen Jahren hatten zwei Tiere dieser seltenen Spezies hier einen schönen Badestrand in einer kleinen Bucht in Beschlag genommen. Inzwischen tummelte sich eine ganze Kolonie am Boulders Beach.

Kapstadt & Das Ende

Am nächsten Morgen trug ich im Hostal mein Rad hinunter, dann meine vier Radtaschen, die Lenkertasche und meinen Rucksack. Ich verankerte die vier Radtaschen am Rad, clickte die Lenkertasche ein und schnallte den Rucksack hinten quer über die Radtaschen. Dann schob ich mein Rad durch die Haustür auf die Straße, stieg auf und radelte los - zum allerletzten Mal auf dieser Reise.

 

An der Westküste entlang fuhr ich in weitem Bogen an den Zwölf Aposteln und dem Tafelberg vorbei ins Zentrum von Kapstadt zum Backpacker Hostal Ashanti Lodge, wo mir spontan Leo, Radler aus Kanada, beim Schieben meines Rades über die Eingangsstufen, also auf meinen allerletzten Metern, half. Bei 45.586 km blieb der Tacho stehen.

 

Einen Tag später trafen überraschend auch Ben und Jessica ein, Radler aus England und Kanada, die ich in Swakopmund in Namibia schon mal getroffen hatte. Ich traf Anna wieder und ich traf Andre und Emile wieder, die ich am Fish River Canyon in Namibia getroffen hatte. Wir zogen durch die Kneipen, kletterten auf den Tafelberg, gingen in der Hout Bay wandern und fuhren zu Kapstadts Stränden. Mit Andre fuhr ich auf eine Open Air PsyTrance-Party und an meinem vorletzten Tag traf ich mich für eine Tour durch Kapstadt´s townships mit Andrew und Liziwe, Freunden von Jeannette, einer Radlerin aus Holland, die ich in Bolivien getroffen hatte und die hier in den townships mit ihrem neu gegründeten Unternehmen Movingpeople (www.movingpeople.info) Gästehäusern beim Aufbau half.

 

Ben war auch seit knapp zweieinhalb Jahren unterwegs gewesen und schon in Namibia hatten wir festgestellt, dass wir genau am gleichen Tag um fast die gleiche Uhrzeit unsere Reisen am Flughafen Kapstadt beenden würden. Und so fuhren wir am nächsten Tag um 4.00 Uhr morgens zusammen mit unseren in Kartons verpackten Rädern mit dem Taxi zum Flughafen und checkten ein. Ben war damit der letzte Radler, von dem ich mich auf meiner Reise verabschiedete.

 

Die Maschine hob ab und ich blickte auf das immer kleiner werdende Kapstadt, den Tafelberg und die Atlantikküste. Die Sonne schien durch das kleine Fenster und ich lächelte. Denn etwas Unglaubliches war passiert, was ich mein Leben lang nicht vergessen werde: Ich hatte die Welt mit anderen Augen gesehen - ... meinen eigenen!

 

Vielen Dank an Steffi, Aurore, Loic, Terry, Lasse, Vladimir, Bartek, Dan, Griffo, Jeannette, Gerrit, Harald, Astrid, Mewes, Gustavo, Douglas, Hugo, Karin, Peter und Andre für das gemeinsame Radeln und Reisen und vielen Dank an so viele andere, die manchmal nur ein paar Stunden, manchmal ein paar Tage mit mir verbracht haben und an so viele Menschen überall auf der Welt, die so gastfreundlich, hilfsbereit und freundlich zu mir waren. Vielen Dank, dass ihr eure Zeit mit mir geteilt habt!


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